Kirmesgeschichte Rodheim-Bieber – 1856 bis heute

Ausgestellt werden in einer Sonderausstellung im Heimatmuseum Rodheim über 300 Fotos,
gegliedert in drei Zeitabschnitte:

  • Vor dem Zweiten Weltkrieg
  • Die Saal-Kirmessen nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die 1960er Jahre
  • Die Zeltkirmes ab Mitte der 1960/70er Jahre

Erstaunlicherweise beginnt unsere Kirmesgeschichte im Jahre 335 in Jerusalem.

Dort ließ Helene, die Mutter des ersten christlichen Kaisers, Konstantin der Große, über dem Grabe Jesu eine Kirche bauen und feierlich einweihen.
Zur Erinnerung dieser Kirchweih befahl der Kaiser, dass dieser Weihetag am 15. September alle Jahre wieder feierlich begangen werden solle.

Das Beispiel Konstantins fand in der Christenheit viele Nachahmer, so dass seitdem alle Kirchen feierlich eingeweiht wurden und in jährlichem Andenken Kirchweih gefeiert wurde.

Da beim katholischen Gottesdienst die Messe als der vorzügliche Teil betrachtet wird, nannte man die Kirchweih auch Kirchmesse, woraus im Laufe der Zeit das Wort Kirmes entstand.


Bis 1933 bestand Bieber aus den Ortsteilen Rodheim, Fellingshausen und Königsberg.
Erst 1954 entstand ein Gemeindehaus, in dem Gottesdienste gefeiert wurden.
So hätte Bieber erst ab da eine Kirmes feiern dürfen. Nachweislich aber richtete jeweils einer der Wirte bereits seit 1856 eine Kirmes in seinem Festsaal aus, wie aus Fellingshäuser Gemeindeakten hervorgeht:
denn aus dem Bericht des Bürgermeisters Gerlach vom 13. Nov. 1856 ist zu entnehmen, dass der Witwe des Philipp Krauskopf, die in Fellingshausen eine Zapfwirtschaft betrieb, bei Johann Wagner auf der Bieber eine Kirchweih abzuhalten eine Erlaubnis erteilt worden war.

Außer in Kriegszeiten wurde in Bieber stets Kirmes gefeiert.
Bereits vor der Gründung der ersten Burschenschaft Immergrün Rodheim 1907 wurde z.B. Ende August 1906 eine Kirmes durchgeführt. Früher fand das in den Sälen der örtlichen Gastwirtschaften statt. Ab 1966 wurde dann in Rodheim und ab 1975 in Bieber Zeltkirmes abgehalten.
In diesem Jahr (2020), wenn es keine Corona-Beschränkungen gegeben hätte, hätte in Rodheim die 54. Kirmes am 3. Wochenende im Juni stattgefunden. In Bieber hingegen würde die Kirmes traditionell über Pfingsten ausgerichtet.

Der Ursprung der Mädchenversteigerung vor der Kirmes ist nach dem Krieg zu suchen. Sie wurde eingeführt, um ein finanzielles Poster zu haben, mit dem die Kosten der Kirmes gedeckt werden konnten, da die Feste ja in Gastwirtschaften stattfanden. Dort hatten die Burschen zunächst nur die Einnahmen vom Tanzgeld, mit denen die Musikkapelle bezahlt wurde. Mit dem Erlös der Versteigerung konnten die Kosten für die Musik und die Organisation der Kirmes dann zuverlässiger abgedeckt werden.

Quelle: Gießener Anzeiger, 02. Juni 2020

Verkaufsmobil in Fellingshausen – 2011

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… nicht wie erhofft akzeptiert

Erste Versuche eines Biebertaler Wochenmarktes gingen also fehl, waren vor ihrer Zeit.

Wie folgt beschrieb das Volker Mattern damals in der Gießener Allgemeinen:

Biebertal (m). Mit Sorge beobachtet der Fellingshäuser Ortsvorsteher Helmut Mattig die Entwicklung der Versorgung mit Lebensmitteln vor Ort. Drastisch verschlechtert hatte sich die Situation nach der Schließung des Rewe-Nahkauf in der Rodheimer Straße, und dennoch gab es gleich danach Lichtblicke:

Die “Frühstücksbäckerei” an der Ecke Die Grohbach/Hintergasse erweiterte ihr Sortiment. Monika Esposito und ihr Mann Anton wohnen dort und betreiben dieses Ladengeschäft im Nebenerwerb. Monika Esposito ist noch berufstätig, und deshalb hat die Frühstücksbäckerei nur Montag bis Mittwoch sowie Freitag und Samstag jeweils vormittags von 7 bis 11.30 Uhr geöffnet. Außer Backwaren erhält man dort auch abgepackte Wurstwaren und Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs wie Eier, Butter, Margarine, Mehl, Zucker, Marmelade und selbstverständlich auch Kaffee.

Ist ein Angebot unrentabel, dann droht es wegzufallen

Donnerstags, wenn die Frühstücksbäckerei geschlossen hat, steht auf dem Parkplatz des ehemaligen Rewe-Nahkauf das Verkaufsmobil der Dünsberg-Bäckerei von 7 bis 11 Uhr. Dieser Service dürfte sich allerdings mehr Resonanz erfreuen, hat der Ortsvorsteher beobachtet. Denn auch für den Verkaufswagen gilt: Wenn die Menschen vor Ort das Angebot nicht wahrnehmen, ist dieser Service unrentabel und fällt zukünftig weg. Helmut Mattig hofft, dass man aus der Entwicklung gelernt hat und bittet die Menschen, dieses Verkaufsangebot “vor der Haustür” zu nutzen.

Der jetzige Standort ist befristet bis 31. Dezember dieses Jahres. Ein anderer Standplatz im Ort dürfte sich ohne Weiteres aber finden lassen, ist sich der Ortsvorsteher sicher. Sofern der Betreiber aus dem noch anhaltenden schwachen Zuspruch nicht seine Konsequenzen zieht.

Quell: https://www.giessener-allgemeine.de/kreis-giessen/biebertal-ort848760/verkaufsmobil-fellingshausen-nicht-erhofft-akzeptiert-12084687.html

Im Vergleich dazu heute der Fellingshäuser Wochenmarkt; Ein echter Gewinn für den inzwischen vom letzten Lebensmittelgeschäft mit Vollsortiment verwaisten Ort.

Wenn Majestäten reisen – um 1900

Nikolaus II. mit Frau Alexandra und ihren 5 Kindern (1913)

So beschaulich wie sich Hohensolms heute seinen Besuchern bietet war der Ort nicht immer. Für Fürsten, Herzoge und sogar den russischen Zaren diente die Kulisse im 19. und 20. Jahrhundert der Entspannung und Kurzweil. Von einem solchen Majestäten-Besuch soll hier die Rede sein:

„Wie kam es, dass der russische Zar Nikolaus II. gemeinsam mit seiner Frau Alix, später auch bekannt als Alexandra Feodorowna, ausgerechnet einen Abstecher nach Mittelhessen machte? Wie so oft zog ein Verwandtenbesuch das russische Staatsoberhaupt nach Hohensolms, denn sein Schwager, Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, hatte am 2. Feb. 1905 in zweiter Ehe das „Solmser Lorche“, Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich, geheiratet.

Diese wurde in Lich 1871 als viertes Kind und zweite Tochter des Fürsten Herrmann Adolf zu Solms-Hohensolms-Lich und seiner Gattin Agnes Gräfin zu Stolberg-Wernigerode geboren. Nach dem Tode ihres Vaters 1899 übersiedelte sie mit ihrer Mutter auf das Schloss Hohensolms.

Im Sommer 1905, also kurz nach der Hochzeit, war der Schwager von Ernst Ludwig, der russische Zar Nikolaus II., mit seiner Frau in Darmstadt zu Besuch.

Von da starteten der Zar und Ernst Ludwig mit ihren Frauen und Gefolge einen Ausflug nach Hohensolms, vermutlich wollte Ernst Ludwig seiner Schwester und dem Zaren mal die Heimat seiner Frau, eben Hohensolms, zeigen.

Als die Reisegesellschaft mit Ihrer Kutsche von Gießen an die Haltestelle der Biebertalbahn, Abendstern, kam, versperrte die „Bieberlies“, deren Gleise dort von der linken auf die rechte Straßenseite wechseln, die Straße.

Der Erzherzog und der Zar waren erbost und witterten gleich Sabotage. Da hatte der legendäre Andreas Haus seinen großen Auftritt. Er war schon seit der Inbetriebnahme der „Bieberlies“ 1898 bis zu seiner Pensionierung 1942 als Schaffner und Zugführer bei der Biebertalbahn beschäftigt.

In einer Schulfunksendung anlässlich der Einstellung des Personenverkehrs 1952 berichtet er von diesem Erlebnis wie folgt:

„Ich hörte nur, wie der Straßenwärter Volkmann aus Heuchelheim rief „Die Straße frei, eine Majestät, eine Majestät“. Da sah ich die Kutsche mit vier Schimmeln auch schon. Ich gab dem Lokführer Steinmüller gleich die Anweisung die Straße frei zu machen, was dieser dann auch sofort tat. Der Großherzog rief mich zu sich und sagte: Das hat Folgen für den Lokführer, ich werde ihn melden bei der Eisenbahngesellschaft und seine Entlassung veranlassen. Darauf erwiderte ich, der Lokführer wusste so wenig wie ich, dass Sie kommen und entschuldigte mich bei ihm. Darauf flüsterte seine Frau Eleonore dem Großherzog etwas ins Ohr. Darauf erhellte sich sofort die Miene von dem Großherzog, er sagte er wolle mir glauben und er bedankte sich noch bei mir, dass ich immer seine Frau und deren Schwester, wenn diese von Bieber nach Gießen mit Bieberlies gefahren seien sehr behilflich gewesen wäre. Seine Frau hatte ihm wohl ins Ohr geflüstert, dass ich ihr immer sehr behilflich beim Ein- und Ausladen ihres Gepäcks bei den Fahrten mit der Bieberlies gewesen sei. Er sagte dann: Ich solle es gut machen und er sowie seine Frau, der Zar und die Zarin gaben mir dann noch die Hand.“

Ob er sich die Hand wochenlang nicht gewaschen hat, ist nicht überliefert. Die herrschaftliche Gesellschaft setzte jedenfalls ihre Fahrt nach Hohensolms fort.

Und das Fazit der Geschichte: Oft zahlen sich Höflichkeit und Gefälligkeit aus.

Quelle: Geschrieben vom Heimatverein Rodheim-Bieber, hier: http://www.dagmarschmidt.de/im-wahlkreis/bieberliesgeschichte-wenn-majestaten-reisen/

Zeitreise rund um den Dünsberg – 2019

Die “Bucinobantes” zeigten auf der Bürgerhauswiese neben dem Archäologischen Museum in Rodheim historische Wettkämpfe.
Textiles Handwerk wird auf Hof Haina demonstriert.
Dr. Peter Mayser hat Tabakblätter kultiviert und getrocknet. Hans Rost demonstriert den Besuchern im Heimatmuseum Rodheim das Drehen der Zigarren. (Fotos: ws)

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Biebertal (ws): Einen tiefen Einblick in die Museumslandschaft rund um den Dünsberg gewannen die zahlreichen Besucher beim vierten Biebertaler Museumstag. Alle sieben Museen der Großgemeinde waren geöffnet und interpretierten das Motto des Tages “Gelebtes Kulturgut” auf ganz unterschiedliche Weise. Von keltischen Funden über das Leben vergangener Zeiten bis hin zu historischen Feuerwehrutensilien bieten die Biebertaler Museen ein breites Spektrum.

Das private Bauernhaus-Museum von Gabriele Freyer und Michael Kraft auf Hof Haina hatte in Kooperation mit der Baumschule Engelhardt in Heuchelheim und der Rosenschule Dräger aus Steinfurth einen farbenfrohen Blumenmarkt vor der Fachwerkulisse arrangiert. Im Bauernhausmuseum zeigten Bettina Jung, Gerda Brauner, Elke Bernhardt und Birgit Wagner an Spinnrad, Webstuhl und Klöppel textiles Handwerk.

Am Keltenmuseum am Keltentor übten sich die Besucher im Bogenschießen. Das Feuerwehrmuseum im Krumbacher Fachwerk-Backhaus ließ Feuerwehrhistorie lebendig werden. Hier ist unter anderem eine alte Motorspritze zu sehen. Das Heimatmuseum in Rodheim wartete mit der reich bebilderten Sonderausstellung “Der Heimatverein stellt sich vor” auf. Die Herstellung des Biebertaler Tabaks, den Dr. Peter und Petra Mayser angebaut und getrocknet hatten, war hier zu bewundern. Dessen Verarbeitung und das Zigarren drehen zeigte Hans Rost. Gerhard Peppler hatte einige seiner Tabakschneidemaschinen ausgestellt.

Am Museum in Frankenbach konnten die Besucher das Wäschewaschen mit einem Waschbrett in der Holzbütte verfolgen. Auch Bogenschießen wurde angeboten. Eine kleine Ausstellung war den Zwangsarbeitern 1944/45 gewidmet. Das Museum für Archäologie im Gleiberger Land (Keltenkeller) in Rodheim mit seinen Funden vom Dünsberg war geöffnet. Auf der Wiese begeisterten die “Bucinobantes” mit frühmittelalterlichen Wettkämpfen das Publikum. Auch die Ausrüstung und die Waffen wurden den Zuschauern vorgestellt.

Im Gail’schen Park stellten die Künstler Heinz Aschendorf und Erich Klotz ihre aus altem Blech, Stahl und Holz gefertigten Skulpturen aus und bereicherten das Parkareal. Viel Anklang fand das brillante Gitarrenkonzert mit Johannes Michel neben dem geöffneten Uhrenturm-Museum im Park. Für das leibliche Wohl war überall gesorgt. Am Ende zogen die Organisatoren eine positive Bilanz des vierten Biebertaler Museumstages, der im Rahmen des Internationalen Museumstages stattfand.

Quelle: Gießener Allgemeine, 19.05.19 – Artikel von Klaus Waldschmidt

Außergewöhnlicher Fund – 2017

Keltisches einschneidiges Hiebschwert ca. 300 v.Chr.

Hiebschwert jetzt im Museum “KeltenKeller”

Ein am Dünsberg entdecktes Hiebschwert ist im Museum für Archäologie im Gleiberger Land zu sehen.
Wie kommt ein germanisches Schwert an einen keltischen Siedlungsort?

Zum zehnten Jubiläum des Museums “KeltenKeller” in Biebertal wurde am Freitag ein ganz besonderer Fund der Öffentlichkeit zugänglich gemacht: Ein einschneidiges Hiebschwert.

Was da am 21. Januar 2016 auf dem Dünsberg aus dem Boden ragte, ist wirklich außergewöhnlich. Nach einem Wintersturm fand man hier die alte, korrodierte und zerbrochene Klinge eines Hiebschwertes von eindeutig germanischer Machart.

Aber was sucht ein germanisches Schwert auf einem keltischen Siedlungsort?
Diese Frage stellte sich im vergangenen Jahr Dr. Claudia Nickel, Vorsitzende des Vereins “Archäologie im Gleiberger Land”. Zwar gab es durchaus Handels- und auch Wanderwege zwischen den Germanen und den Kelten, aber Schwerter wurden dabei normalerweise nicht gehandelt. “Die Kelten konnten mit den einschneidigen Hiebschwertern der Germanen nichts anfangen”, erklärte Nickel am Freitag.

Andersherum war es übrigens genauso: Einige Funde belegen, dass die Germanen sogar die zweischneidigen keltischen Schwerter veränderten, um sie wie ihre Waffen zu benutzen. Die wahrscheinlichste Herkunftsgeschichte ist wohl, dass die Klinge zu römischer Zeit, vermutlich im ersten Jahrhundert vor Christus, mit einem germanischen Söldner auf den Dünsberg gelangte, wie die Vereinsvorsitzende erläuterte. Dort sei die Waffe dann erbeutet und nach keltischer Art rituell geopfert worden – denn die Kelten auf dem Dünsberg bestatteten Tote nicht mit Waffen in den Gräbern.

Doch als das rund 80 Zentimeter lange Schwert gefunden wurde, war es von einer festen Erdschicht umgeben, die sich mit dem korrodierten Metall verbunden hatte.

Zwei Monate lang restaurierte Daniel Usher es im Römisch-Germanischen Museum in Köln, bevor es nun seinen Bestimmungsort in Rodheim-Bieber finden konnte – ein wirklich tolles Geschenk zum zehnten Jubiläum des “KeltenKellers”.

Für die Öffentlichkeit ist das einschneidige Hiebschwert erstmals an diesem Sonntag, 26. März, im Museum für Archäologie im Gleiberger Land in Biebertal-Rodheim im Keller der Gemeindeverwaltung, zu sehen. Geöffnet ist von 14 bis 16 Uhr.

Quelle: Gießener Allgemeine, 25.03.17

PS: “Die wichtigste Angriffswaffe der Kelten war das Schwert. Frühe Exemplare haben eine spitze, für Hieb und Stich gleichermaßen geeignete Klinge von durchschnittlich 60 cm Länge, während sich später das reine Hiebschwert mit einer vorn abgerundeten Klinge von 80 cm und mehr durchsetzte.
Wie metallurgische Untersuchungen ergaben, wurden die Klingen gelegentlich zur Erhöhung der Elastizität aus mehreren Eisenstangen unterschiedlicher Härte hergestellt, wobei man das härteste Material für die Schneide verwendete.
Für die hohe Wertschätzung des Schwertes spricht, dass man auf den Klingen häufig Markierungen mit Darstellungen von stilisierten Tieren oder Symbolzeichen anbrachte, die man gelegentlich auch mit Goldblech einlegte. Ob es sich bei diesen Schlagmarken um reine Fabrikations- bzw. Besitzerstempel handelt oder ob ihnen darüber hinaus eine rituelle Bedeutung zukam, ist ungewiss.
Die Griffe der Schwerter hatten häufig die Form eines langgestreckten X, wobei die beiden Griffschalen zumeist aus Holz oder Bein geschnitzt und gelegentlich mit Schmuckeinlagen verziert waren. Oft wurde der Knauf als rundplastischer Kopf gestaltet, was dem Griff ein menschenähnliches Aussehen verlieh.
Die Schwerter bestanden zumeist aus Eisen- oder Bronzeblech und waren häufig an der Öffnung oder an der Spitze, dem Ortband, in Treib-, Ziselier- und Punztechnik verziert.
Nach Zeugnis der bildlichen Darstellungen wie auch der antiken Autoren trug man das Schwert an einer Kette aus Eisen oder Bronze an der rechten Hüfte.
Das hohe Ansehen des keltischen Schwertes in der Antiken Welt bezeugt nicht zuletzt der Umstand, dass eine der altkeltischen Bezeichnungen dafür ins Lateinische entlehnt wurde (lat. gladius, altirisch claideb und kymrisch cleddyf) und dort als alte Erbwort ensis weitergehend verdrängte.” …
“Auf die Frage nach der praktischen Verwendung der keltischen Waffen und ihrer Wirkung im Kampf geben in erster Linie die Beschreibungen antiker Autoren Auskunft. So schildert etwa im 2. Jahrhundert v. Chr. der Historiker Polybios, wie in der Schlacht von Telamon 225 v. Chr. alle Hügel der Umgebung vom Lärm des Kriesgeschreis und der Trompeten widerhallten, während der Anblick der vielfach nackten und mit goldenen Arm- und Halsringen geschmückten Gallier die Römer in Angst und Schrecken versetzte. Die psychologische Wirkung der gallischen Krieger betont auch eine Schilderung des Poseidonios, die sich bei Diodor von Sizilien erhalten hat. Ihr zufolge forderten die Kelten vor der Schlacht häufig einzelne Krieger zum Zweikampf heraus, wobei sie ihre Waffen schwangen, lautstark die eigenen Heldentaten und die ihrer Vorfahren rühmten und gleichzeitig den Gegner durch Schmähungen herabzusetzen suchten.”

zitierte Quelle: Maier, Bernhard: Die Kelten: ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart, E-Book

Grabungen am Dünsberg – 2014

Archäologie im Gleiberger Land bilanziert Grabungen 2014

Biebertal (m): Ohne den Einsatz des Vereins “Archäologie im Gleiberger Land” wäre vieles, was inzwischen Aufschluss und Einblicke in die frühgeschichtliche Siedlungsentwicklung am Dünsberg gibt, verborgen geblieben. Der zog Bilanz der Grabungssaison 2014.

Seit 2005 gibt es den Verein, und seit sieben Jahren das kleine Museum “Keltenkeller”.
Dort wiederum sind inzwischen weit mehr als 200 restaurierte Fundstücke aus den Grabungen der zurückliegenden Jahre untergebracht. Langsam wird es eng, sagt Arnold Czarski, Geschäftsführer und zweiter Vorsitzender des Vereins. Händeringend suche man Räume, die zumindest als Lager genutzt werden können. Der Verein arbeitet ehrenamtlich, was bedeutet, dass alle Kosten, auch im Zusammenhang mit den teuren Restaurierungsarbeiten, ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert werden müssen. Öffentliche Zuschüsse gibt es keine. Für die Unterstützung der Gemeinde, in Form der kostenfreien Nutzung der Räume des Museums, ist man dankbar.
Die Grabungssaison 2014 ist inzwischen zu Ende. Vier Wochen lang waren sie wieder unterwegs, mit grobem und feinem Werkzeug, um Wertvolles aus dem Boden zu bergen. Seit 2008 gilt alljährlich (mit Ausnahme von 2010) die Konzentration dem Waldstück “Lammert”, nahe Krumbach.
Die Existenz des spätkeltischen Grabfeldes ist schon lange bekannt. Die Ergebnisse der Ausgrabungen zeigen, dass die Bestattungen nicht nur innerhalb der sogenannten Grabgärten stattfanden, sondern immer wieder auch Fundstücke außerhalb der hügelförmigen Erhebungen auftauchten.
Mit Scherben von vier Urnen (eine sogar noch mit Deckel erhalten) wurde in der jüngsten Grabungssaison das Fenster in die Vergangenheit wieder ein Stück weit mehr aufgestoßen, fügten sich weitere Puzzleteile zum Bild der Lebensumstände der Menschen, die lange vor der Zeitenwende den Biebertaler Hausberg besiedelten und an seinen Hängen lebten. Genau dies ist es, was das Grabungsteam auch in diesem Jahr wieder anspornte und faszinierte.
Pro Tag waren es im Durchschnitt bis zu 20 Grabungsteilnehmer, die nicht nur mit Begeisterung, sondern auch, angeleitet durch die Archäologin Regine Müller und unter Leitung von Arnold Czarski, mit wissenschaftlicher Methodik ans Werk gingen.
Längst “infiziert” ist auch Werner Rüspeler aus Fellingshausen, der mit Abstand älteste Teilnehmer und schon viele Jahre im Team der Ehrenamtlichen dabei, in dem sich alle Alters- und Berufsklassen finden, außerdem Studenten aus Gießen und Bochum und mit Pauline Meunier auch eine Französin aus Paris, die hier beim Archäologieverein ihr Studiumspraktikum absolvierte.

Wer auf einen Fund stößt, darf ihn auch bergen – eine Art Ehrencodex. Neben den Urnen wurden auch Grabbeigaben in Form mehrerer Fibeln aus Bronze und Eisen geborgen. Im Museum, das jeden ersten und dritten Sonntag im Monat von 14 bis 16 Uhr oder auch nach Vereinbarung außerhalb dieser Zeiten geöffnet hat, können die inzwischen restaurierten Funde des vergangenen Jahres besichtigt werden. Freie, anerkannte Restauratoren führen diese Arbeiten durch. Der Verein will, wenn die Finanzierung steht, auch die neuen Funde restaurieren lassen. Rund 3000 Euro kostet allein die Restauration der keramischen Fundstücke.
Das Team untersuchte auf dem Dünsberg im Bereich der Siedlung auch zwei neue Rückewege mit einer Gesamtlänge von 300 Metern. Hierbei konnten etwa 100 antike Gegenstände, von denen 90 Prozent aus Eisen und der Rest aus Bronze sind, geborgen werden. Die Fahrspurtiefe durch die Holzerntemaschinen betrage bis zu einen halben Meter. Dadurch seien nicht nur Funde, sondern auch Befunde stark gefährdet, so Czarski, weshalb man hierfür für 2015 eine Grabungsgenehmigung beantragen werde.

Quelle: Gießener Allgemeine, 03.09.14 – Artikel: Voker Mattern

Die Spanische Grippe in Rodheim-Bieber 1918-1920

Bild: H. Failing – Grabstätte Herrmann Christ 
Friedhof Rodheim

Nach dem Ausbruch der Coronavirus Pandemie 2020
lohnt sich ein Rückblick auf frühere Pandemien in unserer Heimat.

In 2014 organisierte der Heimatverein Rodheim-Bieber
anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des 1. Weltkrieges
eine Sonderausstellung im Heimatmuseum.
Im Rahmen dieser Ausstellung erfolgte eine Recherche zur “Spanischen Grippe” in Rodheim-Bieber.

Die Spanische Grippe war eine Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 weltweit etwa 25 Millionen Todesopfer forderte.  Damit starben an der Spanischen Grippe weltweit wesentlich mehr Menschen, als auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges (etwa 20 Millionen).
Diese durch den Influenza-Virus ausgelöste Infektionskrankheit wurde, weil sie angeblich aus Spanien kam, „Spanische Grippe“ genannt. In Deutschland nannte man sie „Blitzkatarrh“ oder auch „Flandern Fieber“.

Damit sind die Auswirkung dieser Pandemie (weltweit) mit dem Ausbruch der Pest (zwischen 1346 und 1353) vergleichbar. Denn im Spätmittelalter fielen der Pest-Epedemie in Europa (lokal begrenzt) ebenfalls etwa 25 Millionen Menschen zum Opfer, etwa ein drittel der damaligen europäischen Bevölkerung.
Allerdings, nach heutigem Wissensstand, trat die Infektion mit dem Bakterium Yersinia pestis zuerst in Zentralasien auf und gelangte über die Handelsrouten (unter anderem über die Seidenstraße) nach Europa. Die Pest damals war also ebenfalls eine Pandemie.
Wahrscheinlich verbreitete sich die Krankheit über Rattenflöhe. Das konnte zu dieser Zeit allerdings noch niemand wissen. Bakterien, auch Bazillen genannt, wurden erstmals von Antoni van Leeuwenhoek mit Hilfe eines selbstgebauten Mikroskops in Gewässern und im menschlichen Speichel beobachtet und 1676 von ihm in Berichten an die Royal Society of London beschrieben.

Rodheimer Opferzahlen durch die Pest im Spätmittelalter sind nicht überliefert. Bekannt ist nur, dass der Vetzberger Ganerbe Georg Dietrich von Holzapfel an der Pest gestorben ist. Er flüchtete vor der Pest aus Vetzberg nach Marburg zu seinem Schwager, dort verstarb er und wurde in der Marburger Elisabethenkirche bestattet.
Aus Gießen ist bekannt, dass 1635 von zirka 3.000 Einwohnern innerhalb kurzer Zeit an der Pest starben.

Die erste Welle der Spanischen Grippe traf unsere Dörfer im Sommer 1918, die zweite im Herbst und die dritte Anfang 1919.
Der Krankheitsverlauf war oft so: Die Opfer bekamen plötzlich Schüttelfrost und Fieber, sie röchelten und spukten einen blutigen Schaum. Am nächsten Tag nahm das Röcheln zu, der Kranke wurde plötzlich unruhig, seine Haut verfärbte sich  blau und oft folgte dann in den nächsten Tagen der Tod.

Auch damals entwickelte man schnell eine Reihe von Verhaltensregeln: sich bei ersten Symptomen sofort ins Bett legen und nicht zu früh wieder aufstehen, um die gefürchtete Lungenentzündung zu vermeiden. Auch wurde das Tragen von Gesichtsmasken empfohlen.  

In der Bieberer Schulchronik schreibt Hauptlehrer Friedrich Löll folgendes zu der Spanischen Grippe, die man damals noch nicht so nannte:
Herrmann Christ, geb. am 14. März 1900, Sohn der Witwe des am 21. März 1917 verstorbenen Müllers Christ auf de Steinmühle, eingezogen zur Marine, bestimmt für den Dienst auf einem Unterseeboot, gestorben am 22. Okt. 1918 in Wilhelmshafen an Grippe (die in jenen Wochen in unserem Vaterlande fürchterliche Ernte hielt), begraben auf dem Kirchhof zu Rodheim am 27. Okt. 1918. Wenige Tage nach dem Tode dieses blühenden, kräftigen Jünglings brach Deutschland zusammen und sank in Schmach und Elend.”

Nach Recherchen im Rodheimer Begräbnisbuch von 1903 bis 1955 starben in dem Zeitraum von Okt. 1918 bis Feb. 1919 an der Grippe 16 Personen.  Der damalige Totengräber schrieb in dieses Buch nicht nur die Nummer des Grabplatzes und das Begräbnisdatum, sondern auch das Alter und soweit es ihm bekannt war auch die Todesursache. Vermutlich ist die Zahl derer, die an der Grippe starben, noch höher. Da der Tod damals sehr oft durch eine Lungenentzündung eintrat … und in dieser Zeit noch mehrere Sterbefälle mit der Todesursache Lungenentzündung eingetragen stehen.  Was noch auffiel: öfters wurde auch schon bei 70jährigen als Todesursache Altersschwäche eingetragen. Vielleicht wusste es der Totengräber nicht besser.
Vielleicht waren die über 70jährigen damals aber wirklich auch schon alt. Denn nach Angaben des statistischen Bundesamtes lag im Jahr 1900 die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland für Männer bei 46,4 und für Frauen bei 52,5 Jahren.

Die Opfer lt. Begräbnisbuch

Oktober 1918

  • Elisabeth Schmidt 
  • Georg Stork                    
  • Luise Bernhard              
  • Jakob Peppler                     
  • Herrmann Christ, Sohn der Witwe des am 21. 3. 2017 verstorbenen
    Müllers auf der Steinmühle Christ

November 1918  

  • Georg Weil                     
  • Ludwig Löber                  
  • Katharine Becker            
  • Luise Pfeiffer                   
  • Anna Mar. Leicht             
  • Elisabeth Dönges           
  • Christine Schmidt           
  • Karl Hofmann II     

Dezember1918            

  • Karoline Dudenhöfer        

Februar 1919 

  • Wilhelm Stork                               
  • Katharine Schlaudraff    

In Summe:  16 Personen; 7 Männer und 9  Frauen

Alter

  • 38  
  • 43 
  • 36  
  • 36  
  • 18

Alter

  • 31
  • 48
  • 68
  • 26
  • 52
  • 32
  • 18
  • 47

Alter

  • 16

Alter

  • 33
  • 58

Durchschnittsalter: 37,5 Jahre

Bis August 1922 wurden die Toten aus dem Ort Bieber noch alle in Rodheim begraben. Erst nach der Einweihung des Bieberer Friedhofs im Sept. 1922 konnten die Bieberer Bürger auf dem Bieberer Friedhof bestattet werden. Zu dieser Zeit betrug Einwohnerzahl in Rodheim etwa 1.800 und in Bieber 650 Einwohner.

Der Spanischen Grippe durch den Influenza-Virus erlagen vor allem 20 bis 40jährige Menschen. Man vermutet, dass die damals älteren Menschen durch andere Grippeerkrankungen in ihrer Jugend entsprechende Antikörper gebildet hätten. Auch die Kinder seien noch durch die Antikörper ihrer Mütter geschützt gewesen.
Demgegenüber werden bei der heutigen Infektion mit dem Coroma-Virus die über 60jährigen als Risikogruppe und besonders gefährdet betrachtet – obwohl zunächst keine Altersgruppe Antikörper gegen diesen neuartigen Virus entwickeln konnte. Offenbar spielen heuer die gesundheitlichen Vorschädigungen bei der Bewältigung bzw. beim “der Erkrankung erliegen” eine besonders wichtige Rolle.

Quelle: Helmut Failing, Heimatverein Rodheim-Bieber